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Taiji-Bewegungstherapie (Taiji-Gymnastik)

 

Wenjun Zhu

2007

 

I. Entwickelung des Taijiquan in Deutschland

Taijiquan ist für uns nicht fremd. Es ist eine chinesische Kampfkunst, aber von Anfang an war Taijiquan auch eine Gesundheits-Übung. Taijiquan ist eine chinesische Bewegungskunst, die Kampfkunst und die Gesundheits-Übung vereinigt.

Heute wird das Taijiquan mehr im Sinne einer Gesundheits-Übung entwickelt. Deswegen erkennt die deutsche Krankenkasse das Taijiquan auch als Präventions-Maßnahme an.

Den Entwickelungs-Stand des Taijiquan in Deutschland muss man aus dem Zusammenhang von Unterrichts-Ziel und Unterrichts–Inhalt, Organisationsform, Anbieter und Zielgruppe betrachten.

Die Inhalte sind:

  • meisten das 24-Formen Taijiquan und das 48-Formen Taijiquan,

  • verschiedene Stile einfacher Formen Taijiquan,

  • verschiedene Stile langer Formen Taijiquan.

Die Ziele sind:

  • die Gesundheitsförderung,

  • das Interesse an chinesischer Bewegungs- und Kampfkunst,

  • sowohl das Interesse an chinesischer Bewegungs- und Kampfkunst als auch an der Gesundheitsförderung.

Als Organisationsformen werden angeboten:

  • kurze regelmäßige Kurse (etwa 10 Stunden),

  • regelmäßige Kurse (etwa 30 Stunden),

  • Komplett-Seminare (1 – 2 Tage).

Die Anbieter sind:

  • Sport-Schulen, Vereinen, Volkshochschulen,

  • Reha-Kliniken, usw.

Als Zielgruppen werden angesprochen:

  • interessierte Menschen allgemein,

  • besondere Patienten;

Hier stelle ich nun folgende Fragen:

  • In welcher Organisationsform kann man Taijiquan systematisch und richtig tief lernen?

  • In welcher Organisationsform kann man besonders gut eine bestimmte Taijiquan-Form lernen?

  • In welcher Organisationsform hat man keine Möglichkeit Taijiquan richtig zu lernen?

Diese Fragen sollen der groben Orientierung dienen. Zum Beispiel: was kann man machen, wenn man 10 Stunden Taijiquan gelernt hat? Wie kann man danach Taijiquan selbst weiter üben? Taijiquan geht dann meist in zwei Richtungen weiter:

  • Einerseits kann man den tiefen Weg des Taijiquan gehen, um es als chinesische Bewegungs- und Kampfkunst und mit der Gesundheitsförderung zu vereinigen,

  • Andererseits kann man Taijiquan nur als eine formale Gesundheits-Übung mechanisch betreiben.

Der erster Weg ist der reife Weg, der eine lange Tradition (seit Anfang bis heute) hat. Der Absicht, Taijiquan nur als eine Gesundheits-Maßnahme zu betreiben, liegt dagegen oft ein falscher Gedankengang zugrunde. Er verkürzt meist die Auffassung des Taijiquan auf das Erlernen einer bloß äußerlichen Form, die mechanisch ausgeführt wird. Dadurch wird aber die tiefe Gesundheitswirkung des Taijiquan nicht erreicht. Wenn man Taijiquan lehrt oder lernt, sollte man daher immer an ein richtiges Taijiquan denken. In diesem Sinne möchte ich hier Taijiquan als eine tief wirkende Gesundheits-Maßnahme in Reha- und Kur-Kliniken einrichten.

Zu diesem Zwecke muss man vorerst genau überlegen, für welche Zielgruppe der Taijiquan-Kurs gedacht ist und welche Zeit für den Taiji-Kurs zur Verfügung steht, bzw. zur Verfügung stehen sollte. Erst dann kann man den Inhalt des Kurses festlegen. Wenn der Kurs nur etwa 10 Stunden zur Verfügung hat, welche Form Taijiquan kann man dann lernen? Eine normale Form des Taijiquan kann man nicht in 10 Stunden lernen. Daher passen die normalen Formen des Taijiquan nicht in Kurse, die nur wenig Zeit zur Verfügung haben, zum Beispiel für gezielte Taijiquan-Angebote in Reha-Kliniken. Aus diesem Grunde muss man Taijiquan gezielt umformen, damit dasTaijiquan dieser Organisationsform entspricht und man trotzdem eine tiefe Wirkung zu erzielt.

 

II. Taiji-Bewegungstherapie (Taiji-Gymnastik)

Die Gesundheits-Wirkung des Taijiquan ist mit bestimmten inneren Bewegungsprinzipien verknüpft. Dies unterscheidet die Gesundheits-Wirkung des Taijiquan von der anderen Sportarten. Die Gesundheits-Wirkung des Taijiquan kommt aus ihren inneren Prinzipien. Die Beziehung zwischen äußerer Bewegung und inneren Prinzipien des Taijiquan ist:

  • Die inneren Prinzipien erscheinen in der äußerer Bewegung;

  • Die äußere Bewegung ist mit den inneren Prinzipien vereint.

Wenn Taijiquan ohne die innere Festsetzungen und Prinzipien geübt wird, dann tritt das Wesen des Taijiquan nicht in Erscheinung. Das bloße Sein der äußeren Erscheinung erfasst noch nicht das innere Wesen, welches aber im Taijiquan das spezifisch Wirkende ist. Ist dieses innere Prinzip beim Üben des Taijiquan nicht vorhanden, dann ist es eigentlich egal, welche Gymnastik oder welchen Sport man übt, es ist dann auch das Taijiquan bloß ein langsames Bewegen.

Hierzu ein Bild: Der Affe holt den Mond aus dem Wasser. Das Spiegelbild des Mondes im Wasser erscheint wie der Mond am Himmel, aber das Spiegelbild des Mondes im Wasser ist eigentlich nicht der Mond am Himmel.

Wenn man eine solche Bewegung als Gesundheits-Übung betrachtet, dann ist es noch nicht die Gesundheits-Wirkung des Taijiquan. Anders ist es, wenn in der äußeren Erscheinung der Sache auch das innere Wesen der Sache erscheint. Die Erscheinung der Sache muss mit dem Wesen der Sache verbunden werden. Dann entsteht die tatsächliche Wirkung.

Heutzutage trifft man bei der sogenannten „Taiji-Gymnastik“ oft auf ein falsches Denken. Hier sollte man zwischen „Taiji-Gymnastik“ und „gymnastisches Taijiquan“ unterscheiden. Meiner Meinung nach ist es „Taiji-Gymnastik“, wenn man gymnastische Bewegungen mit Taiji-Prinzipien macht. Es ist dagegen „gymnastisches Taijiquan“, wenn man Taijiquan ohne inneren Prinzipien macht. „Taiji-Gymnastik“ soll zur positiven Wirkung führen. Diese Wirkung ist, der Gesundheit besser zu dienen.

Eine solche Umformung des Taijiquan ist die „Taiji-Gymnastik“, die aber ebenfalls nicht bloß oberflächlich wie eine westliche Gymnastik mechanisch realisiert werden darf, sondern mit der tiefen Einstellung des Taiji geübt werden sollte. Der Begriff „Taiji-Gymnastik“ wurde im Jahr 1931 von Chu Mingyi geprägt. Chu Mingyi ist der Begründer der Taiji-Gymnastik. Er führte eine neue Richtung des Taijiquan ein.

Hier geht es nämlich darum, diese Gymnastik mit der tiefen Einstellung des Taiji zu üben, auch wenn man „Taiji-Gymnastik“ sagt. „Taiji-Gymnastik“ von Chu Mingyi bedeutet, dass man in das Taijiquan auch Bewegungsformen aus der westlichen Gymnastik aufnimmt, diese aber mit den tiefen Taiji-Bewegungsprinzipien erfüllt.

„Taijiquan ist eine ausgezeichnete Bewegung, aber es ist schwer zu lernen. Es ist nicht so, dass jeder diese leicht lernen kann. Gymnastik ist wiederum eine steife Bewegung, aber die Bewegung ist einfach und klar. Man kann sie leicht erlernen. So nehmen beide voneinander den Vorteil in einer Einheit auf.“[1]

„Taijiquan-Bewegung gibt es drei Vorteile, erstens langsam, zweitens gleichmäßig, drittens sanft. Das heißt drei Prinzipien.“[2]

„Taijiquan-Bewegung ist nicht gerade, sondern kreismäßig.“[3]

„Es heißt gymnastisiertes Taijiquan oder Taiji-Gymnastik, oder kreisförmige Gymnastik, oder einfach Taiji-Gymnastik.“[4]

Ziel der „Taiji-Gymnastik“ ist, dass das Taijiquan einfach und populär wird. Man kann auf verschiedenen Wegen die gleiche Gesundheits-Wirkung erreichen, wenn man das Bewegen mit tiefer Achtsamkeit ausführt.[5]

„Bewegung (Yun-Dong), Yun (Bewegung) bedeutet Blut und Meridiane fließen lassen, Dong (Bewegung) bedeutet Sehnen und Knochen zu bewegen.“[6]

„Die Bewegung ist bei uns nicht dazu da, zwecklos die Kraft und Energie zu verbrauchen. Man muss zuerst die Kraft und Energie sammeln und ernähren, dann kann man sie anwenden. Die Kraft und die Energie zu sammeln und zu ernähren, bedeutet nicht, die grobe und steife Kraft anzuwenden. Sondern man übt jeden Tag die sanfte unkräftige Bewegung, dadurch sammelt und speichert man die Kraft und Energie.“[7]

„Der Körper braucht die Bewegung, die nicht zu stark, nicht zu hart und nicht zu schnell sein darf. Das Ziel der Bewegung ist, das Blut und die Meridiane des ganzen Körpers im Kreisläufen fließen zulasen. Aber wenn die Bewegung zu stark und zu schnell ist, dann kann es nicht mehr regelmäßig fließen, so dass das Blut in allen Teilen des Körpers fließt. So kommt es, dass Blutgefäße platzen und man erstickt.“[8]

Der Erfolg der Taiji-Gymnastik ist, dass man in kurzer Zeit die Bewegungs-Folge lernen und einfach weiter üben kann. Auch kann man die gleiche Gesundheits-Wirkung wie durch Taijiquan erreichen. Diese ist aber nur ein Anfang, ein Entwicklungs-Weg. Die Taiji-Bewegungsprinzipien und das Kooperieren von achtsamen Bewegung und achtsamen Atmen (um mit Achtsamkeit Qi aufzunehmen und zu sammeln) sind in dieser Taiji-Gymnastik nicht tief genug. Also sollte man das tiefe Bewegen weiter entwickeln, um Taiji-Bewegungsprinzipien, sowie Qigong-Prinzipien und TCM-Therorie in der Taiji-Gymnastik tief zu verankern, damit die Gesundheits-Wirkung verbessert wird.

Als Gesundheits-Übung ist aber die Taiji-Gymnastik ein idealer und wirkungsvoller Ansatz. Besonders geeignet ist sie für Kurse oder Seminar in kurzer Zeit, zum Beispiel im Taiji in Reha-Kliniken oder in Kur-Angeboten, usw. Taiji-Gymnastik ist ein wirksames Mittel, um die Gesundheit zu verbessern. Ich werde Taiji-Gymnastik als spezielle Bewegungs-Therapie weiter entwickeln. Ich gliedere die Taiji-Gymnastik als Gesundheits-Maßnahme so:

  • Taiji-Gymnastik als allgemeine Präventions-Maßnahme,

  • als spezielle Präventions-Maßnahme,

  • als spezielle Rehabilitations-Maßnahme,

  • als spezielle Bewegungs-Therapie.

Also soll das Taijiquan in zwei Richtungen entwickeln

  • Tajiquan als Traditionelle Chinesische Bewegungs- und Kampfkunst,

  • Taijiquan als Bewegungstherapie (Taiji-Gymnastik).


[1] Chu Mingyi (1884-1946): Taiji Cao (Taiji-Gymnastik), 1931. S. 11.

[2] a.a.O. S. 7.

[3] a.a.O. S. 8.

[4] a.a.O. S. 11.

[5] Vgl. a.a.O. Vorwort.

[6] a.a.O. S. 11.

[7] a.a.O. S. 8.

[8] a.a.O. S. 11-12.


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