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Unterschied zwischen Taijiquan und Qigong
Wenjun Zhu
2007
Man kann
die Bewegungsprinzipien von Taijiuan und Qigong nicht voneinander
trennen. Beide sind in der chinesischen Kultur gewachsen und haben sich
dort entwickelt. Beide sind mit der Qi(Yin-Yang)-Philosophie verknüpft.
Historisch gesehen ist Qigong früher als Taijiquan. Taijiquan hat die
Bewegungsprinzipien aus dem Qigong aufgenommen. Chen Wangting las das „Huang
Ting Jing“ (Schrift des gelben Hof)[1]
und baute dann das Taijiquan. Deswegen betrachtet man das Taijiquan als
von Anfang an mit dem Qigong verknüpft.
„Heute bin ich alt. Ich habe nur das Buch ‚Huang Ting’ (gelb Hof,
eine klassische Qigong-Schrift), das mich begleitet. Wenn es nicht
Getreide-Zeit ist, baue ich Quan (Kampfkunst) auf. Wenn
Getreide-Zeit kommt, arbeite ich.“[2]
Später hat
dann das Qigong auch aus dem Taijiquan aufgenommen. So gibt es heute zum
Beispiel auch Taiji-Qigong.
Taijiquan ist eigentlich eine Kampfkunst, die aus den chinesischen
traditionellen Kampfkünsten stammt. Es wurden Bewegungen entwickelt,
die nach außen, zum Beispiel auf den Gegner hin wirken oder dessen
Wirken aufnehmen und umleiten. Das Taijiquan beinhaltet aber auch
Elemente des Qigong, der traditionellen chinesischen Medizin und der
Theorie des Yin-Yang. Diese Elemente fördern das Sammeln und das
Leiten des Qi durch den Körper, sowie den achtsamen Umgang mit der
eigenen Jin-Energie und der des Gegners. Heute hat sich das
Taijiquan zu einer Bewegungskunst und Gesundheits-Übung entwickelt,
die man vorwiegend ohne Gegner betreibt. Dies führt oft dazu, dass
man sich den Gegner auch nicht mehr vorstellt und sich dadurch das
Leiten des Qi, wie beim Qigong, nur mehr auf den eigenen Körper
bezieht. Man fragt dann nicht mehr „wohin“ mit der Jin-Energie,
sondern nur mehr „wo“ fließt das Qi im eigenen Bewegen.
Qigong
ist gekennzeichnet durch das Regulieren von Geist, Atmung und
Körper. Dies geschieht, um Jing (das Tatsächliche, die Essenz), Qi
und Shen zu ernähren, Körper und Glieder zu stärken, die Meridiane
zum Fließen zu bringen, Yin und Yang auszugleichen, Krankheiten
vorzubeugen und zu behandeln, d.h. um dadurch die Gesundheit zu
fördern.
Den
Unterschied zwischen Qigong und Taijiquan findet man aber nur, wenn man
beachtet, mit welchem Zweck man sich mit Taijiquan oder mit Qigong
beschäftigt. Das Sein (Wuji, Qi) erfüllt die Tatsachen (das Bewegen, das
Da-Sein, das Seiende). Die Tatsachen (die Bewegungen) erscheinen in
ihrem So-Sein. Das jeweilige So-Sein (zum Beispiel das Sosein einer
bestimmten Bewegung) führt zu einem bestimmten Wert-Sein für etwas
Bestimmtes. Diese Bestimmte ist beim Qigong der eigene Körper, beim
Taijiquan ist es dagegen das Wechselwirken mit der Umwelt, zum Beispiel
mit dem Gegner. Mit dem Wert-Sein (Xin, Herz) sucht man die
entsprechende Tatsache (den eigenen Körper oder das Wechselwirken mit
dem Gegner). Um das Qi optimal zu den Tatsachen fließen zu lassen, muss
das Herz (Xin) mit Achtsamkeit (Shen) bewusst gemacht werden. Das Herz (Xin)
muss also zum „bewusstem Willen“ und zur klaren Vorstellung (Yi), zur
„Geistesklarheit“ gemacht werden, um das Qi allgemein oder gezielt in
die Tatsachen (Jing) fließen zu lassen. Dies nennt man „Inneres
Verbinden“.
Wenn ich
das Taijiquan als Gesundheits-Methode betrachte, dann finde ich, dass
das Taijiquan eine allgemeine Gesundheitsübung ist. Taijiquan kann aber
auch gezielt eingesetzt werden. Auf diese Weise kann das Taijiquan
sowohl eine Behandlungsmaßnahme der TCM, als auch eine allgemeine
Gesundheits-Übung sein.
„Es
gibt viele Behandlungs-Methoden des traditionellen Sports, zum
Beispiel, Wuqinxi (Fünf Tier-Spiel), Yijinjing, Baduanjin, Taijiquan,
usw.“[3]
Aus meiner
Sicht gibt es ebenso zwei Richtungen des Qigong:[4]
Ob ich
mich nun um Gesundheit bemühe oder um ein Kämpfen, in beiden Fällen ist
es (sowohl im Taijiquan als auch im Qigong) grundlegend, mit Qi, Shen
(Geist, Achtsamkeit), Yi (Bewusstsein, Vorstellung) und Xin (Herz,
Wille, Gefühl) umgehen zu können. Qi, Shen, Yi wird vorerst im Qi (im
Atmen mit Achtsamkeit) reguliert.
Das Qi
wird nach Chen Changxing im Taijiquan so reguliert:
„Qi
ist ‚eins’, warum trennt es sich als ‚zwei’? Was ist zwei, Ausatmen
und Einatmen. Ausatmen und Einatmen sind Yin und Yang. Faust kann
nicht ohne Bewegung und Ruhe sein, Qi kann nicht sein ohne Ausatmen
und Einatmen. Ausatmen ist Yang, Einatmen ist Yin. Qi nach oben ist
Yang, Qi nach unten ist Yin.“[5]
Taijiquan
und Qigong betonen beide das Dantian (Unterbauch)[6].
„Scheitel führt und geht mit leichter und beweglicher Jin-Energie
nach oben. Das Qi sinkt zum Dantian herab."[7]
„Es
ist sinnvoll, dass Xin (Herz, Wille, Gefühl) leer und der untere
Bauch voll ist. Man muss um das Xin (Herz, Wille, Gefühl) wissen, um
im Xin (Herz, Wille, Gefühl) leer zu werden. Man sammelt Jing
(Tatsächliche, Essenz), Qi und Shen (Geist, Achtsamkeit) im unteren
Bauch, als ob Gold den ganzen Raum ausfüllt.“[8]
Beim
Taijiquan ist Qi (Yin und Yang) das Wandelungspaar. Dieses „Qi“ ist im
Taijiquan immer im Zusammenhang mit der Jin-Energie. Mit dieser führt
man im Taijiquan das Bewegen und beachtet dabei mehr die äußere
Bewegungs-Wirkung im Raum. Das Qi wird durch ein „wohin“ gezielt
geführt. Hier eilt im Taijiquan die Achtsamkeit (Shen) dem eigenen
Bewegen voran. Shen fließt über den Körper hinaus, hin zum Ort der
Wirkung. Dies ist aber nur beim Taijiquan so. Bei der Qi-Regulierung im
Qigong wird dagegen das Qi im Körper gezielt in Kreisläufen geführt.
Hier wird das Qi durch ein „wo“ im Körper (Jing) geführt. Das Qigong des
inneren Elixier folgt dem Modell Zhoutian (Kosmos-Kreislaufen). Im
Qigong ist das Fließen des Qi auch der TCM (z. M. Traditionelle
Chinesische Körper-Struktur, Organe und Meridiane, Jing, Qi und Shen)
eindeutig zugeordnet. Im Qigong wird das Fließen des Qi in den Bahnen
entwickelt, damit es immer klarer wird. Der Unterschied zwischen
Taijiquan und Qigong ist das Bewegen der Achtsamkeit (Shen). Beim
Taijiquan fließt die Achtsamkeit (Shen, Qi) als Jin-Energie aus dem
Körper hinaus und „gerade“ zum Ziel hin. Sie eilt so dem eigenen Bewegen
voran, also entsprechend der Frage „wohin?“ Nur beim Ausweichen und beim
Kleben bbt es ein kreisförmiges Bewegen.
Während
beim Qigong die Achtsamkeit (Shen, Qi) in „Kreisen“ gezielt im Körper (Jing)
fließt, also entsprechend der Frage „wo?“
-
Tajiquan: Qi (Atmen mit Achtsamkeit) und Körper-Bewegen (Jin-Energie),
-
Qigong:
Qi (Atmen mit Achtsamkeit) in den Körper zu führen.
Ohne
Zweifel dienen sowohl Taijiquan als auch Qigong der Gesundheit.
Taijiquan ist vorwiegend eine allgemeine Gesundheits-Übung. Ihr Vorteil
ist, dass sie die Bewegungs-Fähigkeit besser entwickelt. Wenn es aber
bei psychischen Krankheiten, zum Beispiel in der Schmerz- und in der
Angst-Therapie darum geht, den Patienten wieder in Kontakt mit der
tatsächlichen Um- und Mitwelt zu bringen, dann ist das Taijiquan dem
Qigong überlegen, denn das Taijiquan führt die Achtsamkeit des Patienten
über das „Wohin?“ über seinen Körper hinaus und ermöglicht auf diese
Weise dem Patienten ein heilendes Begegnen und Annehmen der
tatsächlichen Welt. Das Taijiquan kann auf diese Weise insbesondere
jenen Patienten helfen, welche darunter leiden, den wirklichen und
wirkenden Kontakt mit der Mit- und Umwelt verloren zu haben. Das
Taijiquan hilft aber in diesen Fällen nur dann, wenn es auch so
betrieben wird, dass in einem Inneren Verbinden (wie es insbesondere im
Qigong geübt wird) vorerst im Körper die Energie „gesammelt“ wird. Dann
aber in einem zweiten Schritt diese gesammelte und klar fließende
Energie in einem gezielten „Wohin“ aus dem Körper hinaus geleitet wird.
Auf diese Weise eilt sie dann als Jin-Energie dem eigenen Bewegen voran.
Sie wird mit dieser Methode dann gezielt hinaus in die Welt an den Ort
des Wirkens gebracht.
Qigong
kann ebenso sowohl eine allgemeine Gesundheits-Übung als auch eine
spezielle Gesundheits-Maßnahme sein.
[1] Huang Ting Jing
(Schrift des gelben Hof).
[2] Chen wangting:
Freie Gedichte.
[3] Wang, Xinhua:
Zhong Yi Xue Ji Chu (Grundlage der chinesischen Medizin). S.
277.
[4] Zhu Wenjun:
www.chinbeku.de.
[5] Chen, Changxing
(1771-1853): Taijiquan Shi Da Yao Lun (Zehn große Behandlungen
des Taijiquan). In: Wang, Zongzue, Shen, Shou: Taijiquan Pu
(Handbuch des Taijiquan). S. 248-249.
[6] Den Begriff
kommt aus innere Elixier.
[7] Wang, Zongyue (Qing-Dynastie):
Taijiquan Lun (Abhandlung des Taijiquan). In: Wang Zongyue, Shen,
Shou: Taijiquan Pu (Handbuch des Taijiquan). S. 25.
[8] Zhang, Bairui
(Song-Dynastie): Wu Zhen Pian (Schrift des Verstehen zur
Wahrheit). In: Zhao Licheng: Zhong hua Wen Hua Jing Dian - Dao
Xue Shi San Jing (Klassische Schriften der Chinesischen Kultur -
Dreizehn Schriften von Daoisten). S. 851.
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