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Jin-Kraft von sich und andere zu verstehen

 

Zhu Wenjun

2007

 

 

Taiji-Bewegungsprinzip ist die Jin-Kraft. Chen Changxing und Wang Zongyue sagten, dass die Bewegungs-Formen des Taijiquan sehr veränderlich sind, aber die Jin-Kraft immer eins bleibt.

„Obwohl das Taijiquan zehntausend Veränderungen hat, ist keine ohne Jin-Kraft. Obwohl die Bewegungs-Formen nicht gleich sind, bleibt Jin-Kraft ‚eins’. Was heißt ‚eins’? Es heißt, dass alles von Kopf bis zum Fuß, die inneren Organe, Sehnen und Knochen, die äußere Haut und die Muskeln, die vier Glieder und die hundert Knochen miteinander als ‚eins“ verbunden werden. Beim Spalten trennt sich dies nicht, beim Stoßen wird es nicht lose, wenn man oben bewegt, folgt unten nach. Wenn man unten bewegt, folgt das Oben automatisch. Wenn wir oben und unten bewegen, bewegt sich die Mitte mit. Wenn sich die Mitte bewegt, bewegen sich Oben und Unten mit. Inneres und Äußeres verbinden. Vorne und hinten miteinander verbinden. Das heißt, ‚eins bleibt immer’.“[1]

„Bei noch so vielen Möglichkeiten der Veränderungen bleibt das Prinzip das gleiche. Durch das sorgfältige Studieren des ‚Zhao’ (Berühren) erlangt man allmählich das Verstehen der Jin-Energie. Dem Verstehen der Jin-Energie folgt die Stufe der Geistesklarheit. Doch ohne beharrliches Üben gibt es kein Durchdringen zu dieser plötzlichen Erleuchtung.“[2]

Chen Changxing betrachtet hier das ‚eins’ nicht nur als Jin-Kraft, sondern auch als ‚eins’ der Körper-Struktur und als ‚eins’ der Körper-Bewegung. Daraus folgt, dass Taiji-Bewegungsprinzip die Einheit ist. Die Jin-Kraft erfüllt als Jin-Energie die Bewegung. Der Körper ist Träger für Jin-Kraft (Qi). Das betrachte ich ähnlich wie das Modell von Jing (Tatsächlich, Sache), Qi und Shen (Geist, Achtsamkeit). Das große Eins ist die Einheit von Jing, Qi und Shen, aber wenn es alleine (nur zur Erklärung) gesagt wird, heißt es Jing, Qi und Shen.

Menschen haben Dao-Herz und Dao-Körper. Diese Eins (der Mensch) ist erfüllt von Qi und erreicht alles mit Qi.

Auf der Praxis-Ebene bedeutet das Taiji-Bewegungsprinzip die Koordinierung und Vereinheitlichen von Herz und Yi (Wille, Bewusstsein, Vorstellung, Achtsamkeit), Qi (Atmen mit Achtsamkeit), Körper-Bewegung. Es beschreibt, wie man Herz und Yi, Qi in der körperlichen Bewegung einsetzt.

Wang Zongyue sagte, durch das Einüben von Zhao (der Formen und der Methoden) kann man die Jin-Energie verstehen lernen. Zhao (Formen und Methoden) bedeutet, einerseits die einzelne Form (alleine geübt), andererseits die Partner-Übung. Diese erreicht auch zwei Ziele:

  • einerseits lernt man die Jin-Energie in sich,

  • andererseits die Jin-Energie des Anderen zu verstehen.

Aus Gesichtspunkt von Bewegung und Gesundheit betrachte ich das Taiji-Bewegungsprinzip nur. Dieses Prinzip wirkt in der Bewegung selbst und in der Gesundheit. Dies kann man einerseits selbst durch das Gefühl merken, andererseits kann man auch die Bewegungs-Wirkung und Gesundheits-Wirkung (greifbar und messbar Ergebnis) prüfen.

Herz-Methode

  • Man lässt das Qi mit dem Herzen fließen, und füllt dadurch den Körper mit dem Qi. Herz ist Befehlen, Qi ist Fahne, Taille ist Achse. Qi ist wie Rad, Taille ist wie Achse. Yi und Qi sind Gebieter, Knochen und Muskeln sind Vasall. Zuerst im Herzen und dann im Körper.

  • Man hält das Shen im Inneren, und man zeigt nach außen Ruhe. Shen soll nach innen leiten, und Qi soll voll (wie ein Trommeln) sein. Qi direkt zu ernähren hat keinen Schaden. So ist das angeborene Qi ohne Ende.

Körperhaltung

  • Brust zurück zu halten: Wenn man die Brust zurück hält, kann man Qi ins Dantian sinken lassen. Laozi sagte, das Herz soll leer sein, der Bauch soll voll sein.

  • Rücken hinten zu ziehen: man kann den Bauch lockern, dann ist Qi voll. Shen ist locker, und der Körper ist ruhig. Das Herz (bewusster Wille) ist jeder Zeit da, Qi sammelt sich am Rücken, wie ein Bogen. Weiter gibt es, den ganzen Körper mit fünf Bögen auszurüsten, der Rücken ist einer Bogen, zwei Arme sind zwei Bögen, zwei Beine sind zwei Bögen. In denen man Qi sammelt, um Qi (Jin-Kraft) auszugeben.

  • Kopf soll sich leicht aufrichten und leiten.

  • Wirbelsäule soll in der Mitte und gerade sein. Man steht in der Mitte und ist gerade, locker. Die Ruhe ist wie Berg.

  • Schulter soll sinken: wenn man die Schulter sinken, lässt, sinkt das Qi. Wenn sich die Schulter heben, geht auch Qi nach oben.

  • Ellbogen soll sinken: wenn die Ellbogen sinken, lässt man die Schulter sinken.

  • Taille und Hüfte: Die Quelle von Ming (Leben, Befehlen) und Yi (bewusste Vorstellung) kommt aus Taille und Hüfte. Taille lockern und sinken, dann kann Qi sinken. Dann hat man gute Balance.

  • Ganzer Körper: Ganzer Körper soll locker sein, dann kann er gut sinken. Wenn der Körper keine starre Kraft hat, die dies behindert, dann kann man leicht und fließend bewegen. Man bewegt mit Yi (Bewusstsein, Vorstellung, aber nicht mit der Jin-Energie. Wo Yi (Bewusstsein, Vorstellung) erreicht, Qi erreicht dort auch. Wo Qi erreicht, Körper bewegt. Die Bewegung kommt aus Taille (Körper-Mitte). Mit Jin-Kraft (Qi) erfüllt als „eins“ (ganzheitliche Jin-Energie).

Atmen und Bewegung

  • Einatmen, nach oben, nach hinten, nach rechts, nach außen, Öffnen, Zurückhalten, Aufnehmen, Sammeln;

  • Ausatmen, nach unten, nach vorne, nach links, nach inneren, Schließen, Vordringen, Ausgeben, Verteilen.

Um die Jin-Energie des Gegners zu verstehen, sollte man folgende Bewegungsprinzipien beachten:

  • Hören (fühlen) der Jin-Energie des Gegners: Kleben am Gegner bedeutet, ihn nicht zu verlieren und nicht gegen ihn zu wirken. Es gibt weder Übermaß noch Mangel. Folgt man der Beugung, dann erreicht man Streckung. Ist der andere hart, dann ich bin weich: das nennt man Nachgeben. Ich folge nach, wenn der andere zurückweicht: das nennt man Kleben (Haften). Ist die Bewegung eilig, dann reagiere ich eilig. Ist die Bewegung langsam, dann folge ich langsam. Ist die Jin-Kraft abgebrochen, dann bleibt Yi verbunden, Yi ist abgebrochen, dann ist Qi verbunden. Kleben wird durch Qi (Atmen mit Achtsamkeit) erreicht.

  • Ausweichen der Jin-Energie des Gegners: Ist der andere hart, dann bin ich weich: das nennt man Nachgeben. Sich aufgeben und dem anderen folgen, das nennt man Kleben (Haften). Plötzlich verbergen, plötzlich offenbaren. Wenn der Gegner mich links trifft, dann ist meine linke Seite leer (ich weiche aus und bin sanft). Wenn der Gegner mich rechts trifft, dann ist meine rechte Seite leer (ich weiche aus und bin sanft). Schaut der andere zu mir hinauf, dann mache ich mich umso größer. Schaut der Andere zu mir nach unten, dann gehe ich umso tiefer. Geht er vor, dann verlängere ich (die Entfernung zum anderen) umso mehr. Geht er zurück, dann nähere ich mich ihm umso mehr. Eine Feder kann nicht hinzugefügt werden. Eine Fliege kann sich nicht niederlassen.

  • Festhalten der Jin-Kraft des Gegners (um den Gegner festzuhalten): Das heißt, in diesem Augenblick muss ich positive Position und Körper-Haltung haben. Ich folge nach (wenn) der andere zurückweicht: das nennt man Kleben (Haften). den Gegner zu verleiten, vorzudringen und sich im Leeren zu erschöpfen. Die Figur ist wie der Adler den Vogel greift, Das Shen (der Geist, der aus der Figur spricht, aber nicht die Figur selbst) ist, wie wenn die Katze die Maus ergreift.

  • Ausgeben der Jin-Energie: Im Beugen sucht man die Gerade zum Gegner, man sammelt zuerst die Jin-Energie, dann gibt man Jin-Energie aus. Man sammelt die Jin-Energie wie beim Beugen (Spannen) eines Bogens, man gibt die Jin-Energie ab, wie man Pfeile schießt. Beim Ausgeben der Jin-Kraft soll man den Körper sinken lassen und lockern, nur in eine Richtung zielen. Beim Abgeben der Jin-Energie soll man mit Shen (Achtsamkeit) leiten. Yi (Vorstellung) soll weiter sein, dann ist die Jin-Energie lang. Die Jin-Kraft ist wie hundert male einen Stuhl gefeuert. Es gibt keine starke Sache, welche man nicht zerstören kann.

  • Hören (Kleben) und Ausweichen der Jin-Energie wird durch Qi (Atmen mit Achtsamkeit) erreicht. Beim Nachfolgen atmet man aus, beim Ausweichen atmet man ein.

  • Festhalten der Jin-Energie erfolgt in dem Augenblick, in dem ich beim Ein- oder Ausatmen kurz anhalte.

  • Beim Sammeln der Jin-Energie atmet man ein, beim Ausgeben der Jin-Energie atmet man aus.

  • Der Weg ist, durch das sorgfältige Studieren des ‚Zhao’ (Berühren) erlangt man allmählich das Verstehen der Jin-Energie. Dem Verstehen der Jin-Energie folgt die Stufe der Geistesklarheit.


[1] Chen, Changxing (1771-1853): Taijiquan Shi Da Yao Lun (Zehn große Behandlungen des Taijiquan). In: Wang, Zongzue, Shen, Shou: Taijiquan Pu (Handbuch des Taijiquan). S. 248-249.

[2] Wang, Zongyue (Qing-Dynastie): Taijiquan Lun (Abhandlung des Taijiquan). In: Wang, Zongyue, Shen, Shou: Taijiquan Pu (Handbuch des Taijiquan). S. 24-25.


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